Die Initiative „Wir sind Kunststoff“ hat auf der heutigen Pressekonferenz im VDMA-Pavillon im Rahmen der K 2025 ihre Vision für eine starke, nachhaltige und wettbewerbsfähige Kunststoffindustrie vorgestellt. Im Zentrum standen gemeinsame Ziele der deutschen Kunststoff-Wertschöpfungskette sowie klare Forderungen an die Politik auf nationaler und europäischer Ebene.

Unter dem Motto „Wir sind Kunststoff: Die Kraft der Kunststoffe entlang der Wertschöpfungskette – Gemeinsam für den Wandel“ kamen führende Vertreterinnen und Vertreter der Kunststoffbranche zusammen, um über Transformationspotenziale, Herausforderungen und notwendige politische Impulse zu sprechen. Deutschland als größter Standort für Kunststoffhersteller, -verarbeiter und Maschinenbauer in Europa spielt dabei eine Schlüsselrolle.
Kreislaufwirtschaft als strategisches Ziel der Branche
Ein zentrales Anliegen der Initiative ist der systematische Übergang zu einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft. Dr. Oliver Möllenstädt, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands Kunststoffverarbeitende Industrie (GKV), verwies auf die bestehende Versorgungslücke bei Kunststoffrezyklaten in Europa. Für deren Schließung brauche es Investitionen in moderne Recyclingtechnologien, rechtliche Planungssicherheit und offene Märkte. Das Positionspapier der Initiative formuliert sechs zentrale Forderungen – darunter EU-weite Design-for-Recycling-Standards, eine verbesserte Abfallerfassung und -sortierung sowie den Ausbau des Binnenmarkts für Rezyklate.
Die enge Kooperation zwischen Verbänden auf nationaler und europäischer Ebene – wie etwa bei der Global Plastics Flow Study – wird von der Initiative als entscheidender Erfolgsfaktor für die Weiterentwicklung der Kreislaufwirtschaft angesehen.
Politische Rahmenbedingungen für eine zukunftsfähige Kunststoffindustrie
Im Bereich der politischen Rahmenbedingungen wurde das Engagement der Branche hervorgehoben, aktiv an internationalen Prozessen mitzuwirken. Thorsten Kühmann, Geschäftsführer des Fachverbands Kunststoff- und Gummimaschinen im VDMA, verwies in diesem Zusammenhang auf die Stellungnahme der deutschen Kunststoffindustrie zum Globalen Plastikabkommen. Diese zeige die Bereitschaft zur globalen Zusammenarbeit und zur konstruktiven Mitgestaltung internationaler Vereinbarungen.
Dr. Christine Bunte, Hauptgeschäftsführerin von Plastics Europe Deutschland, hob die Stärken des Standorts Deutschland hervor. Dazu zählen unter anderem die Kundennähe, kurze Lieferketten, starke Forschungskooperationen sowie eine integrierte Wertschöpfungskette. Gleichzeitig sieht sie Handlungsbedarf bei der industriepolitischen Ausrichtung in Europa. So seien insbesondere ein effizienterer Umgang mit Bürokratie sowie eine stärker an den Bedürfnissen der Industrie ausgerichtete Gesetzgebung erforderlich.
„Wir sind eine national verwurzelte, aber global vernetzte Branche im aktiven Wandel“, sagte Bunte. „Mit unserer traditionellen Stärke in Forschung und Entwicklung und der engen Zusammenarbeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette beweisen unsere Unternehmen Agilität und Innovationskraft – eine zentrale Stärke in Zeiten des Wandels.“
Standortfaktoren und Investitionstrends in der Kunststoffindustrie
Trotz internationaler Unsicherheiten bleibt Deutschland ein bedeutender Produktionsstandort für die Kunststoffindustrie. Laut Branchenumfragen1 investieren Unternehmen weiterhin in Deutschland – gestützt durch Standortvorteile wie Kundennähe, kurze Lieferketten, enge Kooperationen mit der Forschung sowie eine integrierte Wertschöpfungskette.
Die wirtschaftliche Bedeutung der Branche zeigt sich auch in den Kennzahlen: Im Jahr 2024 trug die Kunststoffindustrie rund fünf Prozent zum Gesamtumsatz der verarbeitenden Industrie in Deutschland bei. Rund sieben Prozent der Beschäftigten im verarbeitenden Gewerbe arbeiten im Kunststoffsektor – das entspricht etwa 398.000 Personen in über 3.400 Betrieben mit mehr als 20 Mitarbeitenden. Der Gesamtumsatz lag – beeinflusst durch Inflationseffekte – bei 104,4 Milliarden Euro, wovon 63 Prozent auf den Export entfielen.
Die Anwendung von Kunststoffprodukten verteilt sich dabei auf zahlreiche zentrale Branchen der deutschen Wirtschaft. Im Jahr 2023 entfielen 29,9 Prozent der kunststoffverarbeiteten Mengen auf Verpackungen, gefolgt vom Bauwesen mit 23,7 Prozent. Der Fahrzeugbau lag bei 11,1 Prozent, die Elektro- und Elektronikindustrie bei 7,0 Prozent. Weitere Anteile entfallen auf Landwirtschaft (4,4 Prozent), Haushaltswaren, Sport und Freizeit (3,3 Prozent), Möbel (2,9 Prozent) sowie den medizinischen Bereich (2,2 Prozent). Weitere Anwendungen machen zusammen 15,5 Prozent aus.
Gleichzeitig sehen Unternehmen im Inland konkrete Herausforderungen. Genannt werden vor allem hohe Energiepreise, komplexe Genehmigungsverfahren, regulatorische Belastungen sowie Unsicherheiten im Hinblick auf Produktvorschriften. Diese Faktoren spielen eine zunehmende Rolle bei der Entscheidung, auch in anderen Regionen zu investieren. Während in Europa vor allem Kosteneinsparungen ausschlaggebend sind, dominieren in den USA Markteintritt und die Vermeidung von Handelsbarrieren als Motive. In China sind es neben Marktchancen auch Zugänge zu Rohstoffen, die Investitionen beeinflussen.
Die Initiative ruft deshalb dazu auf, die Rahmenbedingungen in Deutschland und Europa gezielt weiterzuentwickeln, um den Standort langfristig wettbewerbsfähig zu halten und gleichzeitig eine nachhaltige Transformation der Branche zu ermöglichen.
- Stoffstrombild Kunststoffe in Deutschland 2023 / Destatis, Conversio 2024 / VDMA / WsK-survey, August/September 2025 ↩︎