Im Gemeinschaftsprojekt THERMOFIP wurde ein neues Workflow-Simulationstool für Polyamidteile in Kontakt mit Wasser und Kühlmittel entwickelt. Es erlaubt die Vorhersage der Bauteilbeständigkeit nach Alterung und unterstützt Konstrukteure bei der Entwicklung optimaler Geometrien ohne umfangreiche Tests.
Neben Anwendungen in der Automobilindustrie bietet das Projekt THERMOFIP auch Prognosemöglichkeiten für Heizungs- und Sanitäranwendungen, die ebenfalls regelmäßig mit Wasser und Kühlmitteln in Kontakt kommen. Wichtige Anwendungsbeispiele für Polyamid 66-Glasfaser-Compounds im Automobilbereich sind Teile unter der Motorhaube, die mit Kühlflüssigkeit in Berührung kommen. Dies gilt nicht nur für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, sondern auch für batterieelektrische Fahrzeuge, Hybridfahrzeuge und sogar Brennstoffzellenfahrzeuge.
Komplexe Wechselwirkungen besser simulieren
Angesichts der Notwendigkeit, den CO2-Ausstoß zu reduzieren, und der daraus resultierenden Änderungen in der Motorarchitektur wird eine präzise, vorausschauende Simulationstechnologie für die Kunststoffindustrie zu einem Muss.
Die Wechselwirkungen zwischen den Hauptkomponenten des Compounds (Polyamid und Füllstoff) und den Hauptkomponenten des Kühlmittels (Wasser und Ethylenglykol) sind komplex. Dazu gehört zum einen die Plastifizierung, die die Glasübergangstemperatur des Compounds und damit die mechanischen Eigenschaften unter Standardbetriebsbedingungen deutlich herabsetzt. Zum anderen ist auch der chemische Abbau durch Hydrolyse der Polyamidketten und die Kühlmittelkonzentration zu berücksichtigen. Diese kann von einer Seite des Bauteils zur anderen variieren. Dies führt zu unterschiedlichen mechanischen Leistungsniveaus des Werkstoffs an verschiedenen Stellen der Bauteilgeometrie und im Zeitverlauf.
Darüber hinaus muss auch der Einfluss der Faserorientierung beachtet werden. Aufgrund all dieser Variablen war es bisher sehr schwierig, die lokale Leistungsfähigkeit solcher Bauteile durch Simulation vorherzusagen.
Neue Möglichkeiten der Bauteiloptimierung
Durch die Optimierung der Simulation und des Einsatzes von faserverstärkten Kunststoffbauteilen, die Wasser und Kühlmitteln auf Glykolbasis ausgesetzt sind, stellt THERMOFIP einen echten Wendepunkt für die Akteure im Bereich der Automobilkühlung und der Sanitärindustrie dar. Dieses Ergebnis ist für die Materiallieferanten ebenso wichtig wie für die Unternehmen, die diese Teile entwickeln und verwenden. THERMOFIP ist nicht nur in der Lage, das Verhalten statischer Teile zu simulieren. Es ermöglicht auch die Simulation aktiver Komponenten in ihren verschiedenen Positionen und den damit verbundenen lokalen Spannungseffekten.
„Bei der Berechnung der mechanischen Eigenschaften eines Bauteils aus glasfaserverstärktem Polyamid bietet die integrative Simulation den Vorteil, dass auch der Umformprozess berücksichtigt wird. Dies eröffnet neue Möglichkeiten der Bauteiloptimierung mit einer signifikanten Gewichtsreduktion von ca. 20% für die angestrebten Bauteile“, so Gilles Robert, Senior Materials Expert bei DOMO.
„Im Rahmen des THERMOFIP-Projekts haben wir ein kinetisches Modell zur Simulation des Einflusses von Kühlmitteln auf die fortschreitende Versprödung von Werkstoffen entwickelt, um neue Wege zur Herstellung noch leichterer Bauteile zu finden“, fügt Robert hinzu.
Empirische Tests validieren Simulationen
Die neue Prototyp-Simulationskette, die in Zusammenarbeit mit Hexagon und Arobas Technologies entwickelt wurde, ermöglicht die Vorhersage der lokalen Schädigung von Bauteilen. Mehrere Modelle ermöglichen es nun, den Grad der Materialschädigung durch Alterung vorherzusagen. Das kann wiederum dazu verwendet werden, die mechanische Leistung von Polymeren vorherzusagen, die Kühlmitteln ausgesetzt sind. Die Studie umfasst auch die Entwicklung des mechanischen Verhaltens des Materials mit der Alterung für verschiedene Faserorientierungen.
Die Simulationen wurden durch empirische Tests validiert. Ein Beispiel ist der Test mit dem Localized Strain Demonstrator, der von DOMO Chemicals entwickelt und hergestellt wurde. Ziel war es, Versagen in der Nähe der Metalleinlagen auszuschließen. Die Ergebnisse zeigen eine hohe Übereinstimmung zwischen Experiment und Simulation.
THERMOFIP ist die jüngste Ergänzung des etablierten MMI-Simulationsangebots von DOMO, das bereits hochwertige Mechanik- und Materialmodellierung sowie Spritzgusssimulation kombiniert.
Fallstudie zum SOGEFI-Filtrationsmodul
Eine erste Fallstudie wurde an einem SOGEFI-Ölfiltermodul durchgeführt, das aus einer glasfaserverstärkten TECHNYL-Lösung besteht.
Die Simulationsergebnisse zeigen einige interessante Trends und eine gute Korrelation zwischen Test und Simulation. Ein wichtiger Punkt ist, dass das Versagen nicht am Ölmodul auftritt, wo die Hydrolyse am stärksten ist. Es tritt dort auf, wo eine ungünstige Kombination von lokalen Spannungskonzentrationen, Faserorientierung und Hydrolyse vorliegt. Dies verdeutlicht, warum ein komplexer Arbeitsablauf unter Berücksichtigung mehrerer Parameter erforderlich ist, um das Versagen solch komplexer Bauteile vorherzusagen.
Umfassende Erweiterungen geplant
Die in dieser ersten Projektphase erzielten Ergebnisse sind sehr ermutigend und zeigen gute Korrelationen zwischen Experiment und Simulation. *
Die nächsten Schritte im Projekt sind die Erweiterung des Modells auf andere kommerzielle Kältemittel. Die Materialdatenbank wird um neue Werkstoffe erweitert, und vor allem müssen weitere Fallstudien durchgeführt werden, um zu zeigen, dass diese neue Technologie die Art und Weise, wie Polyamid Bauteile in Kontakt mit Kühlmitteln konstruiert werden, verändern kann.
Die vollständige Studie wurde auf der VDI-Tagung im Rahmen des Internationalen Fachkongresses für Kunststoffe im Automobil (PIAE) vorgestellt, der am 19. und 20. Juni in Mannheim stattfand.
Wenn Sie an der Teilnahme an den Tests interessiert sind, wenden Sie sich bitte an die Experten der DOMO.
*Die Daten basieren auf Untersuchungen, die im Rahmen des THERMOFIP-Projekts in Zusammenarbeit mit allen Partnern durchgeführt wurden und sind auf Anfrage erhältlich.
Über THERMOFIP
Das Projektteam besteht aus den Erstausrüstern Renault und TOYOTA, dem Tier-1-Zulieferer SOGEFI Filtration, zwei französischen Universitätslabors (CEMEF Mines Paris und LEM3), dem Werkzeughersteller ADI, dem auf Synchrotron-Röntgenanalyse spezialisierten Unternehmen NOVITOM, die Beratungsfirma Promold, spezialisiert auf Moldflow-Simulation, AROBAS Technologies, spezialisiert auf Simulation und Softwareentwicklung, Hexagon Manufacturing
Intelligence, Hersteller der Software DigimatTM und DOMO Chemicals als Materiallieferant und Projektkoordinator. Das Projekt wurde von der Banque Publique d’Investissement und den Gebietskörperschaften Grand Lyon und Auvergne Rhône Alpes finanziert.