Verantwortung über Generationen hinweg – das gehört für ENGEL zum Selbstverständnis. Nachhaltigkeit ist für das Schwertberger Familienunternehmen seit jeher ein wichtiger Entwicklungstreiber. Im ersten Teil des ENGEL Techtalks sprechen Dr. Stefan Engleder, CEO der ENGEL Gruppe, und Günther Klammer, Bereichsleiter Plastifiziersysteme und Recycling von ENGEL, über die neuen Herausforderungen, die die Kreislaufwirtschaft bringt, und wie ENGEL aktiv dazu beiträgt, Stoffkreisläufe zu schließen.
Zu den Herausforderungen gehört, dass es um das Image der Kunststoffe derzeit nicht zum Besten bestellt ist. Wie gehen Sie als Kunststoffmaschinenbauer damit um?
Stefan Engleder: Wir befinden uns tatsächlich an einem Wendepunkt. Wir haben uns bisher darauf konzentriert, die Herstellung von Kunststoffprodukten immer energie- und ressourceneffizienter zu machen. Dabei haben wir uns mit dem Thema Recycling von Kunststoffen befasst, aber – wie wir heute feststellen – nicht konsequent genug. Das müssen wir ändern und zwar sehr schnell. Auch weil wir es uns nicht leisten können, gute Fachkräfte an andere Branchen zu verlieren. Das derzeitige Image der Kunststoffe ist eine Herausforderung, aber zugleich eine Chance. Denn wir sind es, die die Lösungen für die Zukunft entwickeln.
Welche Antwort geben Sie Menschen, die versuchen, bewusst auf andere Materialien umzusteigen?
Stefan Engleder: Wir möchten dazu motivieren, das Thema differenziert zu betrachten. Eine Zukunft ohne Kunststoffe kann und wird es nicht geben. Einige Herausforderungen unserer Zeit können wir sogar nur mit Hilfe von Kunststoffen lösen. Eine nachhaltige Mobilität beispielsweise ist ohne kunststoffbasierte Leichtbaumaterialien nicht denkbar, und auch in der Medizintechnik verdanken wir den kontinuierlichen Fortschritt zu einem guten Teil den polymeren Werkstoffen. Im Verpackungsbereich, der besonders in der Kritik steht, führt ein Umstieg auf andere Materialien vielfach zu einer schlechteren CO2-Bilanz. Unsere Botschaft ist, dass Kunststoffe sehr effiziente und deshalb unverzichtbare Werkstoffe sind. Wichtig ist aber, dass wir verantwortungsbewusst mit diesen Werkstoffen umgehen und dafür Sorge tragen, dass Kunststoffprodukte am Ende ihrer Nutzungsdauer nicht in die Umwelt gelangen, denn das ist eine enorme Verschwendung von wertvollen Rohstoffen. Hier sind wir alle – die Industrie, die Abfallwirtschaft und auch die Verbraucher – gefordert, noch mehr zu tun.
Welche Rolle nimmt dabei der Kunststoffmaschinenbau ein?
Stefan Engleder: Wir setzen unser Wissen und unsere Erfahrung dafür ein, dass die Menschen in allen Regionen der Erde verantwortungsvoll mit Kunststoffen umgehen können und die Voraussetzungen geschaffen werden, Kunststoffprodukte am Ende ihrer Nutzungsdauer in den Stoffkreislauf zurückzuführen. Der Aufbau einer Kreislaufwirtschaft führt dazu, dass sich unsere Kunden mit neuen Anforderungen und Gesetzesvorgaben befassen müssen. Wir investieren stark in die Forschung und Entwicklung in diesem Bereich und sind deshalb in der Lage, unsere Kunden zu beraten und zu unterstützen, die neuen Anforderungen bestmöglich zu erfüllen.
Was können Sie heute schon konkret für Ihre Kunden tun?
Günther Klammer: Im Fokus unserer Aktivitäten stehen drei Themen: Prozessstabilität, Einsatz von Rezyklaten und Design for Recycling. Um die Kreislaufwirtschaft in der Kunststoffindustrie zum Laufen zu bringen, müssen wir vorrangig die Recyclingkapazitäten aufstocken, was voraussetzt, dass wir ausreichend Anwendungen für Rezyklate haben. Indem wir die Prozessstabilität weiter steigern, können wir Rezyklate, deren Materialeigenschaften naturgemäß stärker variieren als die von Neuware, breiter und für höherwertige Anwendungen einsetzen. Industrie 4.0 ist hierfür ein wichtiger Enabler. Die intelligente Assistenz, die ein wesentliches Merkmal der smart factory ist, macht es möglich, solche Materialschwankungen im laufenden Prozess Schuss für Schuss auszugleichen. Des Weiteren geht es darum, die einzelnen Komponenten unsere Spritzgießmaschinen, wie die Plastifizierschnecken, noch gezielter auf die Verarbeitung von Recyclingmaterialien auszurichten und dabei den Wertschöpfungsprozess zu verkürzen. Am Ende muss die Rezyklatverarbeitung auch wirtschaftlich attraktiv sein, um sich breiter durchzusetzen.
Was bedeutet Design for Recycling?
Günther Klammer: Beim Design for Recycling geht es darum, dass sich bereits die Produktentwickler damit befassen, wie sich die Produkte am Ende ihrer Nutzungsdauer wieder in den Kreislauf zurückführen lassen. Ansätze gibt es zum Beispiel in der Verpackungsindustrie, aber auch im Composite-Leichtbau, und in beiden Bereichen geht es in Richtung Monomaterialsysteme. So sehen wir bei IML-Verpackungen den Trend, dass der Verpackungskörper und das Label aus demselben Material bestehen, um ein sortenreines Recycling zu ermöglichen. Im Leichtbau manifestiert sich dieser Trend in der steigenden Nachfrage nach durchgehend thermoplastischen Composite-Lösungen, die eine Wiederverwertung der Bauteile vereinfachen.
ENGEL auf der K 2019: Halle 15, Stand C58