Die österreichische EPS-Industrie erreicht laut aktuellen Studien Recyclingquoten von 26 % bei Bauware beziehungsweise 56 % bei Verpackungen. Zwölf Partner aus allen Bereichen des Wertschöpfungssystems haben sich unter der Leitung von Fraunhofer Austria im Projekt „EPSolutely“ zusammengeschlossen, um gemeinsam Konzepte für eine funktionierende EPS-Kreislaufwirtschaft zu entwickeln. Ziel ist, die Recyclingquote von EPS-Abfällen zu erhöhen und dadurch den Primärrohstoffbedarf der neuen EPS-Produkte drastisch zu verringern. Der Kunststoff-Cluster begleitet das Projekt.
Expandiertes Polystyrol, auch als Styropor oder EPS bekannt, wird häufig als Wärmedämmung und Verpackungsmaterial eingesetzt. Es ist nicht nur praktisch, kostengünstig und massentauglich, sondern auch recycelbar. Weil es zu 98 % aus Luft besteht, hat EPS nicht nur eine hervorragende Dämmwirkung, sondern benötigt auch äußerst wenig Energie bei Herstellung und Transport. Damit werden wertvolle Ressourcen geschont.
Steigende Abfallmengen zu erwarten
Die österreichische EPS-Industrie erreicht laut aktuellen Studien Recyclingquoten von 26 % bei Bauware bzw. 56 % bei Verpackungen. Ein nicht unerheblicher Anteil fließt immer noch in die energetische Verwertung, wodurch das EPS aus dem Wertschöpfungskreislauf ausscheidet. Bei Bauware stellen die künftig steigenden Mengen an EPS-Abfällen aus Abbrüchen, die Hexabromcyclododecan (HBCD) enthalten, eine zusätzliche Herausforderung dar. Ein Recycling ohne die Abtrennung des bis 2016 verwendeten Flammschutzmittels HBCD ist aufgrund des Zerstörungsgebotes nicht erlaubt.
Nachhaltigkeit vergrößern
Ziel des Forschungsprojekts EPSolutely ist, die Recyclingquote von EPS-Abfällen (Bauware und Verpackungen) zu erhöhen und dadurch den Primärrohstoffbedarf der neuen EPS-Produkte drastisch zu verringern. Die Initiative zu diesem Forschungsprojekt ging von der GPH – Güteschutzgemeinschaft Polystyrol-Hartschaum, der Interessenvertretung und Verbandsorganisation der Styropor-Hersteller und Rohstofflieferanten in Österreich, aus. Fünf der Projektpartner sind dort auch Mitglied. Mit EPSolutely soll vor allem die Akzeptanz und Nachhaltigkeit von EPS erhöht werden. Außerdem ist es Ziel, privaten Endverbrauchern ihre Gestaltungspotenziale zum Umweltschutz aufzuzeigen. Prinzipiell eignet sich EPS bei sortenreiner Verarbeitung hervorragend für eine Kreislaufwirtschaft – dies trifft auch auf Verpackungsmaterial – bspw. für Elektronikartikel – zu. Das Potenzial zur CO2-Reduktion gegenüber dem Primärrohstoff liegt hier bei beachtlichen 80 %.
Erstmals alle Akteure in einem Boot
In einer umfassenden Zusammenarbeit aller relevanten Akteure des Wertschöpfungssystems werden unternehmensübergreifende und interdisziplinäre Konzepte, Technologien und Methoden für eine EPS-Kreislaufwirtschaft entwickelt. Das betrifft alle Glieder der Wertschöpfungskette, auch Rückbau, Sammlung, Sortierung, Reinigung und Aufbereitung. Genau das macht EPSolutely für Karl Ott, Gruppenleiter Intralogistik und Materialwirtschaft bei Fraunhofer Austria, so einzigartig: „Erstmals ist es gelungen, sämtliche Akteure innerhalb der Wertschöpfungskette für expandiertes Polystyrol zusammen mit der Forschung sowie weiteren relevanten Partnern an einen Tisch zu bringen. Diese noch nie dagewesene Konstellation ermöglicht uns, gemeinsame Lösungen zu entwickeln.“
Valide Daten über Recycling
Einen besonderen Stellenwert nimmt die Quantifizierung der EPS-Abfall- und Recyclingmengen ein. „Vom nun gestarteten Projekt erhoffen wir uns erstmalig valide Daten zur aktuellen Recyclingquote in Österreich“, betont GPH-Geschäftsführer Clemens Demacsek. In weiterer Folge liegt der Fokus auf der Erhöhung der Recyclingquote, die durch technische, organisatorische und behördliche Maßnahmen wesentlich beeinflusst bzw. gesteuert wird. Durch das Erfassen der Abfallströme, den Bau von Prototypen, Tests auf Komponenten- und Systemebene sowie Recyclingversuche sollen wichtige praxisrelevante Erkenntnisse gewonnen werden.
Umsetzungsplan für EPS-Kreislaufwirtschaft
Verschiedene Konzepte, Technologien und Methoden werden zu innovativen Gesamtkonzepten kombiniert. Das Projektkonsortium bewertet diese sowohl ökologisch als auch ökonomisch. Für die Entscheidung, welche Konzepte prototypisch realisiert werden sollen, spielt die Abschätzung der technischen und organisatorischen Umsetzbarkeit eine wichtige Rolle. Am Ende steht eine Roadmap mit erforderlichen Maßnahmen, die für einen optimierten EPS-Kreislauf in Österreich erforderlich sind.
Gesamte Wertschöpfungskette im Kreislauf
„Oft wird auf dem Weg in die Nachhaltigkeit nur an einzelnen Schrauben gedreht und gewisse Aspekte werden verändert“, erklärt Ott. „In diesem Projekt können wir aber echte Kreislaufwirtschaftskonzepte mit maximalem Nutzen für das gesamte Wertschöpfungssystem finden.“ In einer abschließenden Analyse werden die Konzepte, Technologien und Methoden sowie Erkenntnisse aus den Demonstrationen auf andere Länder und Industrien umgelegt. Hierzu gab es bereits erste Workshops mit Branchenexperten anderer EU-Länder. „Bis 2025 sollen mithilfe der entwickelten Lösungen die Recyclingquoten auf bis zu 80 % gesteigert und so im Sinne einer Kreislaufwirtschaft recycelt werden“, so Ott.
Hintergrund: Materialflüsse
Die Unternehmen im EPSolutely-Projektkonsortium decken alle Bereiche des Materialflusses ab. Hierbei ist zwischen EPS-Verpackung und EPS-Bauware zu unterscheiden. Verpackungsabfälle fallen beispielsweise bei Weißware, Elektronik und Lebensmitteln an. Diese können auf unterschiedlichste Weisen recycelt werden. Bei EPS-Bauware fallen einerseits Abbruchabfälle und andererseits Baustellenverschnitte an. Letztere enthalten seit einigen Jahren das neue polymere Flammschutzmittel (pFR). Deshalb gibt es auch bei diesem EPS-Abfall mehrere Möglichkeiten für ein Recycling.
Hintergrund: Verwertung von alten EPS-Dämmstoffen
EPS-Abbruchabfälle von Gebäuden sind aktuell fast ausschließlich HBCD-haltig. Da EPS erst in den 1970er-Jahren in größeren Mengen verbaut wurde und eine lange Lebensdauer besitzt, fallen noch relativ geringe Abfallmengen an. Die Gesamtmenge ist schwer abzuschätzen, wird aber in Zukunft stark steigen. Damit diese Abfälle im Kreislauf geführt werden dürfen, muss das HBCD abgetrennt werden. Das ist aktuell nur mit dem CreaSolv®-Prozess sinnvoll möglich, der vom Fraunhofer Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung entwickelt wurde.
Der Projektname ist einer Wortspielerei geschuldet. Einerseits steckt EPS im Namen, andererseits der englische Begriff für Lösung, nämlich solution. Auch das englische Adverb „absolutely“ steckt im Projektnamen. Damit soll die absolute bzw. vollständige EPS-Kreislaufwirtschaft adressiert werden.
Dieses Projekt wird im Rahmen der FFG FTI-Initiative Kreislaufwirtschaft aus Mitteln der FFG gefördert. www.ffg.at
Der Kunststoff-Cluster ist eine Initiative der Länder Oberösterreich und Niederösterreich. Träger sind die regionalen Standortagenturen Business Upper Austria und ecoplus.