Das Projekt EISBiR am Institut für angewandte Biopolymerforschung der Hochschule Hof (ibp) erforscht den Einfluss natürlicher Strahlung und biogener Reststoffe auf Biopolymer Eigenschaften und Struktur.
Am Anfang steht eine ernüchternde Zahl: Lediglich 0,4% der weltweiten Kunststoffprodukte bestehen aus Biokunststoffen, d.h. Kunststoffen aus nachwachsenden Rohstoffen. Der Grund hierfür liegt in der noch teilweise komplexen Produktion, den gering-verfügbaren Mengen und dadurch vergleichsweise höheren Preisen.
Zudem verhindern derzeit auch die technischen Eigenschaften der Biopolymere ihren flächendeckenden Einsatz in der Industrie. Das nachhaltig zu ändern, hat sich nun eine fünfköpfige Nachwuchsforschergruppe um den Forschungsgruppenleiter Dr. Mirko Rennert vorgenommen.
EISBiR: Kernfrage der Bioökonomie
Ab März 2021 beginnt unter dem Namen „EISBiR“ („Einfluss von ionisierender Strahlung auf die Eigenschaften und Verarbeitung von Biokunststoffen sowie biogener Roh- und Reststoffen als funktionale Füll- und Verstärkerstoffe“) ein Projekt, das auf seinem Feld echte Grundlagenforschung betreiben möchte:
Die Nutzung biogener Ressourcen anstelle fossiler Rohstoffe zur Herstellung stabiler Biokunststoffprodukte ist eine zentrale Herausforderung der Bioökonomie. Wir möchten die Eigenschaften der nachwachsenden Rohstoffe so verändern, dass auf unnötige Chemikalien verzichtet werden kann und Produkte, unabhängig Ihrer Lebensdauer wieder einer Kreislaufwirtschaft zugeführt werden können. Dafür nehmen wir uns natürliche Vorbilder, wie die Schalen von Obst und Gemüse, die mit nur wenigen Inhaltsstoffen effektive Wirkungen und Produktschutz ermöglichen.
Dr. Mirko Rennert, Forschungsgruppenleiter ibp Hof
Strukturänderung durch Bestrahlung
Dabei setzt man auf zwei unterschiedliche Wege: Die Wissenschaftler möchten einerseits den bereits vielfältig genutzten Einfluss von ionisierender Strahlung untersuchen, um so die innere Struktur der Biokunststoffe zu verändern:
„Ionisierende Strahlung kann gezielt auf die innere Vernetzung oder Abbau der Kunststoffketten wirken. Diese Vernetzung entscheidet zum Beispiel darüber, wie biegsam oder wie hart ein Kunststoff ist. Wir möchten im Rahmen umfangreicher Versuchsreihen herausfinden, wie stark diese Eigenschaften durch Bestrahlung modifizierbar sind, um sie für technische Anwendungen nutzen zu können. Auch UV-Licht gehört dazu und wird untersucht, damit Anwendungen im Freien durch Sonneneinstrahlung nicht vorzeitig versagen“, ergänzt der stellvertretende Forschergruppenleiter David Krieg.
Leichtere Skalierbarkeit
Der Vorteil einer solchen Technik läge auf der Hand: Die Eigenschaften eines Biokunststoffes aus demselben Rohstoff könnten gezielt für verschiedene Anwendungen eingestellt werden. Dadurch ließe sich der Einsatz unnötiger Füllstoffe verhindern und die Biokunststoffe könnten einer natürlichen Wiederverwendung im Sinne der Kreislaufwirtschaft zugeführt werden.
Bioabfall als Füllstoff als zweiter Schwerpunkt von EISBiR
Ein zweiter Schwerpunkt des beginnenden Forschungsvorhabens ist die Untersuchung biogener Reststoffe als natürliche Additive: „Ziel ist es die Änderung der Eigenschaften auch durch eine pflanzenbasierte Ergänzung der Biokunststoffe zu erreichen. Die Inhaltsstoffe aus Rindenmulch stellen nicht nur eine guten Winterschutz für Böden dar, sondern können auch die Lebensdauer von Biokunststoffen verlängern, so wie die Rinde den Baum vor Witterung schützt.“, sagt Dr. Mirko Rennert.
Der biologische Kreislauf wäre damit geschlossen und auch hier ergäben sich positive Effekte für den Preis der umweltfreundlichen Biokunststoffe: „Biologische Reststoffe fallen als günstiger Abfallstoff an oder müssen sogar kostenpflichtig entsorgt werden. Diese sinnvoll Biokunstoffen zuzufügen, könnte den Preis der aktuell noch teuren Biopolymere reduzieren und einen Einsatz in der Industrie attraktiver machen“.
Das Projekt „EISBiR“ findet unter der Trägerschaft der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR) statt. Das Projekt wird zunächst für 3 Jahre vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert und bei einer erfolgreichen Evaluation um zwei weitere Jahre verlängert. Die mögliche Gesamtfördersumme beläuft sich auf ca. 2 Mio. EUR.